Home / Links / Impressum

Geschichte - Übersicht / Links

Zur Geschichte von Libau / Kurland bis 1914 (Seite 5)

 Zur Wirtschaftgeschichte Libaus >1<
Teil 1: Vor dem Anschluß an das Eisenbahnnetz (1871/73)

Die Lage an der Ostsee und das weite, landwirtschaftliche Überschüsse liefernde Hinterland waren die Voraussetzungen dafür, daß sich in Libau im Mittelalter ein ständiger Markt entwickelte, auf dem Güter zwischen dem westlichen und östlichen Europa ausgetauscht werden konnten. Über Libau wurden vor allem Getreide, Leinsaaten und andere landwirtschaftliche Produkte sowie Holz ausgeführt und andererseits Heringe, Salz, Kalk, Eisen, Gewürze und, besonders für die herzogliche Hofhaltung, feine Tücher, Weine, Südfrüchte sowie andere Kolonialwaren eingeführt. Hieran änderte sich, von zeitweiligen Schwankungen abgesehen, bis zum 18. Jahrhundert nur wenig.

Nach dem Bau des Hafens und nachdem die Folgen des Nordischen Krieges und der Pest überwunden waren, also nach 1710, kam es zu einem großen Aufschwung von Handel und Gewerbe. So verdoppelte sich zwischen 1755 und 1805 die Zahl der Libau anlaufenden Schiffe.

1796 war Libau nach Petersburg und Riga der drittgrößte russische Ostseehafen. 1804 kamen wertmäßig 65% der Einfuhren aus Lübeck, wogegen 66% der Ausfuhren nach Portugal und Holland gingen. >2< Die wichtigsten Handelsgüter blieben im wesentlichen die gleichen wie in den vorangegangenen Jahrhunderten. Außerdem waren um 1800 Kaffee und Zucker bedeutende Importprodukte.

Durch den Wegfall der herzoglichen Hofhaltung (1795) ging die Einfuhr von teureren Gütern, insbesondere von sog. Luxusartikeln, zurück. Auch sonst wirkte sich der Anschluß Kurlands an Rußland nicht vorteilhaft für den Libauer Handel aus. Betrug im Jahresdurchschnitt 1796/1805 die Zahl der in Libau einlaufenden Schiffe noch 267 und die Ein- und Ausfuhr insgesamt etwa 2 Mill. Rubel, so waren es 1816/1825 nur noch 197 Schiffe und 1,1 Mill. Rubel.

Für diesen Rückgang gibt es mehrere Gründe: Durch die Aufhebung der Zollgrenze gegen Livland (Livland mit Riga war bereits seit 1721 russisch) wirkte sich - wie schon in der Ordenszeit - die mächtige Konkurrenz Rigas aus. Hinzu kam die russische Handels- und Zollpolitik, die Petersburg und den Verkehr über die nahe preußische Landgrenze begünstigte. Außerdem entsprach der Hafen Libaus nicht den neuen Verkehrsbedürfnissen.

Andererseits hatte der Libauer Hafen den Vorteil, daß er länger als die nördlicher gelegenen russischen Ostseehäfen eisfrei blieb. Das reichte aber langfristig nicht aus, um die genannten Konkurrenznachteile auszugleichen, so daß der Handel Libaus in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts erheblich zurückging und schließlich stagnierte. Hierbei war das Verhältnis von Ein- und Ausfuhr unausgeglichen, denn bis 1821 betrug die Ausfuhr wertmäßig etwa das 2-fache und in den folgenden Jahrzehnten sogar das 6-fache der Einfuhr.

--------------------

>1<  Die folgenden Zahlenangaben beruhen auf:
         Alroe, C., Libaus Handel vom Jahre 1755 bis auf die Jetztzeit. In: Libauscher Kalender für
         1883, Libau 1882, S. 33 ff..;
         Storch, H., Historisch-statistisches Gemälde des Russischen Reiches am Ende des
         achtzehnten Jahrhunderts, 8. Teil, Leipzig 1803, S. 63 f.;
         StatistischesHandbuch für Kurland und Litauen. Bearb. v. E. F. Müller, Jena 1918,
         S. 114 f., 168 f. und 172.;
         Mager, F., Kurland, Hamburg 1920, S. 211 ff. und 222.

>2<  Peter Ernst von Keyserling und Ernst Gotthard von Derschau, Beschreibung der Provinz
         Kurland, Mitau 1805, S. 371.

Home / Links / Impressum

> Weiter

Geschichte - Übersicht / Links